Sonderzahlung Gleichbehandlung

BAG Urt. v. 14.2.2007 10 AZR 181/06

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitgeber, der in seinem Betrieb nach von ihm gesetzten allgemeinen Regeln freiwillige Leistungen gewährt, an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden (BAG 12. Oktober 2005 - 10 AZR 640/04 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 259 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 16; 19. März 2003 - 10 AZR 365/02 - BAGE 105, 266, 270; 8. März 1995 - 10 AZR 208/94 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 184 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 131). Dieser Grundsatz verbietet dem Arbeitgeber nicht nur eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, muss auch die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen (BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - BAGE 111, 8). Eine sachfremde Gruppenbildung liegt nicht vor, wenn sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, der einen Arbeitnehmergruppe Leistungen vorzuenthalten, die der anderen Gruppe eingeräumt worden sind. Die Zweckbestimmung ergibt sich insbesondere aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, unter denen die Leistung steht (BAG 10. Januar 1991 - 6 AZR 205/89 - BAGE 67, 1) . Der Zweck der Leistung darf als solcher nicht sachwidrig sein. Die sich aus den Differenzierungen ergebenden Rechtsfolgen dürfen ihrerseits nicht unsachlich oder willkürlich sein, sondern müssen sich aus den Sachverhaltsunterschieden rechtfertigen (BAG 8. März 1995 - 10 AZR 208/94 - aaO).

Der Senat hat bereits in der Entscheidung vom 8. März 1995 (- 10 AZR 208/94 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 184 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 131) entschieden, dass ein Arbeitgeber bei Gewährung einer freiwilligen Leistung Arbeitnehmer, die im Laufe des Bezugsjahres ausgeschieden sind, auch dann von der Leistung ausnehmen kann, wenn er den im Laufe des Bezugsjahres neu eingetretenen Arbeitnehmern die Leistung anteilig gewährt. Er hat dies damit begründet, dass Gratifikationen, unabhängig davon, inwieweit mit ihnen auch eine künftige Betriebstreue bewirkt oder honoriert werden soll, den Arbeitnehmer jedenfalls auch für die Zukunft zu reger und engagierter Mitarbeit motivieren sollen. Eine solche motivierende Wirkung kann eine Sonderzahlung gegenüber bereits ausgeschiedenen oder alsbald ausscheidenden Arbeitnehmern nicht mehr entfalten. Schon diese am Motivationszweck orientierte Differenzierung danach, ob das Arbeitsverhältnis am Auszahlungstag noch - ggf. ungekündigt - besteht oder nicht, ist sachlich gerechtfertigt. Dies gilt auch dann, wenn mit der Gratifikation gleichzeitig in der Vergangenheit geleistete Dienste für den Betrieb zusätzlich anerkannt werden sollten, wie die anteilige Gewährung an Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis erst im Laufe des Bezugsjahres begonnen hat, zeigt. Dieser Zweck der Sonderzuwendung allein vermag über die gesetzten Anspruchsvoraussetzungen hinaus einen Anspruch auf die Sonderzuwendung nicht zu begründen.

Diese Argumente sind auch auf den vorliegenden Fall anwendbar. Eine Motivation für zukünftige gute Arbeit kann schlechterdings bei solchen Arbeitnehmern, die das Unternehmen verlassen werden, nicht erreicht werden.

Der Umstand, dass der Kläger und die übrigen zu L übergegangenen Kollegen es nicht zu vertreten haben, dass sie die Beklagte verlassen und daher nicht mehr in der Lage sind, Betriebstreue zu erbringen, zwingt die Beklagte nicht dazu, die Leistung auch diesem Personenkreis zu gewähren. Ein Verschulden an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird nicht als Kriterium genannt.
Auch der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in der Entscheidung vom 10. März 1998 (- 1 AZR 509/97 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 207 = EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 40) angenommen, dass ein Arbeitgeber bei Gewährung einer Lohnerhöhung, die die Mitarbeiter zu guter Arbeit motivieren sollte, solche Mitarbeiter ausnehmen könne, die in einem still zu legenden Betriebsteil beschäftigt waren. Es sei nicht zu beanstanden, dass nur die Löhne und Gehälter derjenigen Mitarbeiter zwecks Motivierung erhöht werden sollten, mit denen der Betrieb nach der Stilllegung einer Abteilung fortgesetzt werde, auch wenn die Stilllegung auf dem eigenen Beschluss der Beklagten beruhte, sie also selbst die Verunsicherung der Belegschaft verursacht habe, der sie mit ihrer Motivationszulage nun begegnen wolle. Die Stilllegung habe grundsätzlich in ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gelegen.